Liebe Leserin, lieber Leser,
Pfingsten, das Fest des Heiligen Geistes, das Fest der unberechenbaren Überraschung, des aufscheinenden Lebens.
Der Evangelist Lukas erzählt, wie einst in Jerusalem unglaubliche Dinge geschehen sind:
„Ein Sturmwind bläst durchs Gemäuer, Feuerflammen entzünden die Herzen der Jünger Christi, Gottes Geist wird ausgegossen und erfüllt sie alle. Schüchterne werden plötzlich mutig. Schweigsame machen den Mund auf. Ihre Botschaft drängt nach außen, bleibt nicht länger im Privaten. Und am Ende verstehen Tausende aus allen Ländern der Erde die Predigt des Petrus von den großen Taten Gottes" Apostelgeschichte 2,1-11
An Pfingsten feiern wir die Geburt der Kirche und die Erneuerung des Glaubens durch den Heiligen Geist. Es ist das Fest der kreativen Kraft Gottes, ein Fest der Heiligung und Neuschöpfung, ein Fest der Freude und der Hoffnung.
Das Leben aus der Hand Gottes ist unberechenbar, weil Gott selbst die Grenzen unserer Lebensdimensionen und die uns gesetzte Mauer des Todes an Ostern durchbrochen hat. Nichts ist festgelegt, alles kann sich ändern. Seine Gegenwart, sein Geist, seine Lebenskraft führt es vor Augen und bewegt unsere Sinne.
Pfingsten lockt uns in den Garten Gottes, zur Schönheit der Pfingstrose, zum Gesang der Nachtigall, zur Wärme des Frühsommers zum Zauber eines lauschigen Abends.
Pfingsten fällt in die Zeit des späten Frühlings und des Frühsommers, wenn die Natur in voller Blüte steht und die Sonne ihre wärmenden Strahlen über die Erde sendet. Es ist eine Zeit des Wachstums, der Fülle und der Fruchtbarkeit. Wer gerne im Garten arbeitet oder wie ich Honigbienen züchtet und mit ihnen lebt, für den ist diese Zeit sehr intensiv. Die Schöpfung Gottes ist von neuer Energie erfüllt. Die warmen Tage und bald auch die lauen Nächte sind vor der Hitze des Hochsommers eine Wohltat.
Der kommende Sommer erinnert uns an die Schönheit und die Großzügigkeit Gottes. Selbst wenn der Frühjahrsfrost vielem zugesetzt hat, jetzt bekommt sogar der Nussbaum wieder neue Blätter.
Es ist auch die Zeit, in der wir die ersten Früchte ernten und dankbar sind für die Fülle, die uns umgibt. Eine Zeit der Erneuerung und des Aufbruchs, die uns von alten Lasten und Wunden befreit und neue Wege öffnet.
Pfingsten und seine Schulferien holt uns so auch heraus aus einer Welt, in der wir nur zu funktionieren haben, in der Zielvereinbarungen und ToDo-Listen, Leistungspunkte und Performance, Likes (Zustimmung) und Dislikes (Ablehnung) unsere Arbeits-, Freizeit- und Lebenswelt bestimmen.
Der Heilige Geist ist wie ein frischer Wind, der unsere Gedanken klärt und unsere Herzen öffnet. Gotte sieht uns als einmalige Geschöpfe. Er setzt frei zu einem Leben aus aus Phantasie und Hoffnung, Kreativität und Ästhetik. Er schenkt Mut, Vertrauen und Zuversicht, um neue Wege zu gehen und neue Herausforderungen zu meistern.
Vielleicht erfahren wir jetzt auch, was Gottes Gerechtigkeit für uns Menschen ist. Er rechnet nicht ab, sondern zu: Der Geist der Liebe rechnet uns das Leben, die Vergebung, den neuen Anfang, den Aufstand gegen den Tod zu.
Christus steht uns dafür mit seinem Leben, Sterben und Auferstehen vor Augen.
Zu Pfingsten kommt er uns in den Sinn – und will unser Leben für Gottes Wirken öffnen.
Gottes Geist verbindet auch Menschen untereinander wie keine andere Kraft. Mit Pfingsten beginnen die vielen Kirchweihfeste in unserer Heimat. Die möglichen Begegnungen helfen uns, Nähe und Beziehung zu unseren Mitmenschen zu vertiefen, sich am Gartenzaun austauschen und das Miteinander zu stärken. Wir spüren, dass wir Teil einer größeren Gemeinschaft sind, die von Liebe, Barmherzigkeit, Treue und gegenseitige Hilfe gehalten wird.
Den frischen Wind des Pfingstfestes wünsche ich Ihnen für die kommende Sommerzeit.
Stefan Lipfert, Pfarrer